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Faktencheck Nahrungsmittelallergie

Eine Nahrungsmittelallergie ist eine Reaktion der körpereigenen Abwehr, des Immunsystems, auf bestimmte Bestandteile in der Nahrung, den so genannten Allergenen. Eine Nahrungsmittelallergie ist nicht zu verwechseln mit einer Nahrungsmittelintoleranz, bei der die körpereigene Abwehr keine Rolle spielt.
Das Immunsystem eines Nahrungsmittelallergikers/In erkennt fälschlicherweise Bestandteile der Nahrung (Allergen) als bedrohlich und leitet eine sogenannte Immunreaktion ein. Bei einem gesunden Menschen hingegen duldet das Immunsystem Nahrungsmittelbestandteile; man spricht von Toleranz.

Es gibt verschiedene Typen von Reaktionen des Immunsystems. Bei einer Nahrungsmittelallergie findet man am häufigsten die sogenannte Typ I-Reaktion, bei der spezielle Antikörper, IgE Antikörper, gebildet werden. Der Kontakt mit dem Allergen, bei dem das Immunsystem einen Nahrungsbestandteil als fremd und gefährlich einordnet und IgE-Antikörper bildet, wird als Sensibilisierung bezeichnet. Die Produktion von Antikörpern läuft jedoch ohne Beschwerden und völlig symptomfrei ab, und ist damit für die betroffene Person nicht zu erkennen. Hat sich eine Allergie ausgebildet, kommt es bei erneutem Kontakt mit dem auslösenden Allergen üblicherweise zu einer sehr schnellen Reaktion. Diese beginnt innerhalb von einigen Sekunden bis zu wenige Minuten, kann jedoch unbehandelt über einen längeren Zeitraum anhalten.

Bei einer allergischen Reaktion kommt das Allergen in Kontakt mit dem bei der Sensibilisierung entstandenen IgE Antikörpern. Diese bewaffnen spezielle Zellen, vor allem die Mastzellen. Wird erneut Allergen aufgenommen, bindet dieses an zellgebundene IgE-Antikörper und aktiviert so die Zellen. Diese setzen Botenstoffe frei, die für die allergische Entzündung und Beschwerden verantwortlich sind. Die allergische Reaktion kann relativ mild verlaufen, jedoch kann es auch zu schweren, lebengefährlichen Reaktionen, dem sogenannten anaphylaktischen Schock kommen. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass IgE-Antikörper im Blut zu finden sind, man also sensibilisiert ist, jedoch keine Allergie entwickelt wird. Dies ist vor allem bei der Interpretation der IgE-Tests  zu beachten. Auch wenn IgE-Antikörper gegen bestimmte Allergene gebildet wurden, heisst dies nicht, dass eine Allergie bestehen muss!

Neben den häufigeren IgE-vermittelten Reaktionen auf Nahrungsmittel, gibt es auch nicht IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergien. Diese Gruppe von Reaktionen ist oft klinisch und wissenschaftlich  weniger erforscht als die klassische Nahrungsmittelallergie. Meist kommt es zu verzögerten Reaktionen, ab 4-28 Stunden nach Aufnahme des Allergie-auslösenden Nahrungsmittels. Auch die Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) gehört in diese Gruppe (Weizen unter den 14 häufigsten Allergenen).

Was ist der Unterschied zwischen einer Allergie und einer Intoleranz?

Bei einer Allergie kommt es zu einer Reaktion der körpereigenen Abwehr (des Immunsystems). Der Körper überreagiert auf einen ungefährlichen Fremdstoff (Allergen, beispielsweise ein Nahrungsbestandteil) und bildet die sogenannten IgE Antikörper. Man spricht von einer immunologischen Reaktion. Die Beschwerden können vom leichten Jucken, Brennen und Schwellungen im Mundraum bis zum lebensbedrohlichen Kreislaufversagen im anaphylaktischen Schock reichen.

Bei einer Intoleranz ist das körpereigene Abwehrsystem nicht beteiligt. Es kommt daher zu keiner immunologischen Reaktion. Im Falle der Intoleranz hat der Körper nicht genug von bestimmten Enzymen oder Transportproteinen, um bestimmte Bestandteile der Nahrung, wie beispielsweise Laktose, Fruktose und Histamin abzubauen oder in den Körper aufzunehmen. Die Beschwerden können mit Durchfällen, Bauchschmerzen und Blähungen sehr unangenehm und lebenseinschränkend sein.

Weltweit sind  ungefähr 0.5-2.5% Menschen von einer Hühnerei-Allergie betroffen, allerdings zählt sie bei Kindern zu einer der häufigsten Allergien. Die Allergie wird durch Eiweißstoffe des Eis ausgelöst und ist meist mit der Bildung von IgE-Antikörpern assoziiert.

Die fünf wichtigsten Hühnerei-Allergene sind Ovomucoid (Gal d1), Ovalbumin (Gal d2), Ovotransferrin (Gal d3), Lysozyme (Gal d4) und Albumin (Gal d5). Die meisten Allergene befinden sich im Eiweiß (Gal d1-4), nur Albumin ist im Eigelb vorhanden. Ovomucoid ist hitzestabil und wird nicht durch Verdauungsenzyme abgebaut. Daher ist es das Allergen im Hühnerei, das die heftigsten allergischen Reaktionen auslöst. Die meisten Kinder (65-81%) jedoch können erhitzte Eier z.B. in gebackenen Produkten wie Kuchen, tolerieren und somit diese Produkte konsumieren, ohne dass es zu einer allergischen Reaktion kommt. Durch die Hitze beim Backen werden viele Eiweiße (nicht Ovomucoid!) verändert und sind daher nicht mehr allergieauslösend. Bei Allergie gegen Hühnerei sollte auf alle Fälle abgeklärt werden, ob Eier im gekochten/gebackenen Zustand gegessen werden können.

Oft reagieren Hühnerei-AllergikerInnen auch auf andere Vogeleier, wie z.B. Ente, Gans, Wachtel, Trutuhahn, daher ist der Verzehr dieser Eier nicht sicher. Hat man IgE Antikörper gegen Gal d5 kann es sehr selten auch zu Kreuzreaktionen mit Hühnerfleisch kommen.

In vielen Fällen verschwindet die Hühnerei-Allergie mit den Jahren von selbst, man wächst sozusagen aus der Allergie. Studien zeigen, dass 68% der Ei-AllergikerInnen das Allergen mit einem Alter von 16 Jahren tolerieren. Klinische Studien zur oralen Immuntherapie werden derzeit durchgeführt.

Die Erdnuss-Allergie ist die häufigste Nahrungsmittelallergie bei Kindern. Derzeit sind ca. 0.8-3% der Kinder und 0.6-0.8% der Erwachsenen vor allem in den USA, Kanada, England und Australien betroffen. Die Allergie wird durch Eiweißstoffe der Erdnuss ausgelöst und ist meistens mit der Bildung von IgE-Antikörpern assoziiert. Die wichtigsten Erdnuss-Allergene sind Ara h1-11. Das Hauptallergen ist Ara h2, das hitze- und verdauungsstabil ist.

Nur selten verschwindet eine Ernuss-Allergie mit dem Alter; nur ca. 20% der Erdnuss-allergischen Kinder können später Erdnüsse tolerieren.
Die Erdnuss-Allergie kann schwerwiegende, lebensbedrohliche Reaktionen auslösen. Daher ist bei einer bestehenden, diagnostizierten Erdnuß-Allergie striktes Meiden von Erdnüssen in jeglicher Form zu beachten. Klinische Studien konnten zeigen, dass 84% der Erdnuss-AllergikerInnen nach oraler Immuntherapie 800mg Erdnüsse ohne Reaktionen konsumieren konnten. Allerdings waren in dieser Studie nur 99 Personen inkludiert; größere Studien sind somit nötig, um eine gute Aussage über Sicherheit und Effizienz dieser zukünftigen Therapieform machen zu können.

Eine kürzlich erschiene Studie konnte zeigen, dass das Risiko einer Erdnuss-Allergie dramatisch sinkt, wenn man Kindern zwischen 4 und 11 Monaten bereits Erdnüsse in pürierter Form zum Verzehr gibt. Dabei wurden 640 Babies zwischen 4 und 11 Monaten, die ein hohes Risiko hatten, an einer Erdnuss-Allergie zu erkranken, in zwei Gruppen geteilt: eine Gruppe erhielt  mindestens 6g Erdnüsse pro Woche, die andere Gruppe konsumierte keine Erdnüsse. Als die Kinder 5 Jahre alt waren, wurde ein oraler Provokationstest durchgeführt. Dieser zeigte, dass 17.2% der Kinder in der Gruppe, die keine Erdnüsse zu sich nahmen, allergisch auf Erdnüsse reagierten, wobei nur 3.2% der Kinder in der Gruppe, die pro Woche mindestens 6g Erdnüsse verzehrten, allergisch auf Erdnüsse reagierten.

Es wird geschätzt, dass weltweit ca. 0.2% der Menschen an einer Fischallergie leiden. Allerdings muss bei diesen Zahlen beachtet werden, dass in Ländern mit hohem Fischkonsum die Zahl der Allergiker:innen höchstwahrscheinlich höher liegt. Die Fischallergie ist immer IgE-mediiert und ist eine spezifische Immunantwort auf bestimmte Fischproteine.

Fisch-Parvalbumin ist das Hauptallergen, das in vielen Fischen, u.a. Karpfen, Lachs, Tunfisch, Hering und Makrele, vorkommt. Insgesamt sind bis dato 21 verschiedene Parvalbumine in zwölf verschiedenen Fischarten bekannt. Kabeljau hat sehr hitzestabiles Parvalbumin (Gad c 1), das nicht nur stabil im Kochprozess bleibt, sondern auch in der Luft (z.B. im Kochdampf) und nicht durch chemische Reinigungsmittel zerstört werden kann. Andere Allergene sind Enolasen und Aldolasen, gegen die IgE-Antikörper bei Fisch-Allergiker:innen  gefunden wurden. Allerdings sind diese Eiweiße hitzelabil. Fischgelatine wurde ebenfalls als Allergen identifiziert, allerdings gibt es hierzu kontroverse Daten. Insgesamt gibt es bis jetzt noch zu wenige Daten zu Enolasen, Aldolasen und Fischgelatine, um eine definitive Aussage über deren Allergenität machen zu können. Jedoch zeigen diese Daten, dass die Fischallergie viel komplexer ist als bisher gedacht und dies bei der Diagnose einer Fischallergie beachtet werden muss.

Symptome einer Fischallergie können vom oralen Allergiesyndrom bis hin zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock reichen. Bereits geringe Mengen an Fisch können genügen, um Reaktionen auszulösen. Zusätzlich kommt es durch die Ähnlichkeit der einzelnen Parvalbumine sehr oft zu Kreuzreaktionen zwischen verschiedenen Fischarten, allerdings gibt es bisher keine Berichte über Kreuzreaktionen zwischen Fisch und Meeresfrüchten.

Glutenhaltige Getreide werden in großen Mengen konsumiert. Weizen zählt weltweit zu den Grundnahrungsmitteln, das fast 50% unseres täglichen Kalorienbedarfs abdeckt. Es gibt verschiedene Ursachen der Weizen- bzw. Glutenunverträglichkeit; oft ist eine eindeutige Identifikation schwierig. Neben einer Autoimmunerkrankung, der Zöliakie, gibt es die Gluten-Sensivität, aber auch die Weizenallergie.

Die Weizenallergie ist eine Reaktion des Immunsystems gegen Eiweißstoffe, die in Weizen enthalten sind. Es gibt drei verschiedene Routen, wie es zu einer Sensibilisierung gegen Weizeneiweißstoffe kommen kann: Inhalation von Weizenbestandteilen, Hautkontakt oder über das Essen von Weizen. Die Symptome können von Asthma und Rhinitis über Hautreaktionen und Magen-Darm-Problemen bis zum anaphylaktischen Schock reichen. Diese Allergie ist nicht nur bei Kindern weit verbreitet, Weizenallergie ist auch häufig bei Erwachsenen. Eine Studie konnte zeigen, dass eine verzögerte Einführung von Weizen in die Nahrung der Kinder eher zu einer Weizenallergie führen kann. Es konnte auch gezeigt werden, dass Weizenbestandteile in Muttermilch von Müttern ohne Diäteinschränkungen zu finden sind.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten. Etwa 1% der Mitteleuropäer leidet an Zöliakie. Die Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, welche bei Menschen mit einer genetischen Bereitschaft durch Zufuhr des im Getreide enthaltenen Klebereiweißes (Gluten) auftritt und zur Schädigung der Dünndarmschleimhaut und in der Folge oft zu äußeren Krankheitszeichen führt. Bei Kindern sind dies vor allem Gedeihstörung, abnorme Stühle und verschiedene Mangelerscheinungen. Bei Erwachsenen sind die Krankheitszeichen oft untypisch, z.B., Blähungen, Stuhlunregelmäßigkeiten, Blutarmut durch Eisenmangel (Eisenmangelanämie), gehäufte Fehlgeburten oder Osteoporose. Neben diesen typischen und atypischen Verläufen gibt es auch Patient:innen, die völlig beschwerdefrei sind. Zöliakie wird daher häufig als „Chamäleon“ bezeichnet, weil es so unterschiedliche Erscheinungsformen hat. Die Diagnose der Zöliakie wird einerseits aus dem Blut durch Antikörperbestimmung gestellt: die sogenannten Endomysialen Antikörper (EMA) und die Anti-Gewebs-Transglutaminase-Antikörper (tTGA) sind typischerweise erhöht. Zusätzlich müssen bei einer Spiegelung (Gastroskopie) kleinste Gewebsstückchen aus dem Dünndarm entnommen werden (Dünndarmbiopsie) und im Mikroskop untersucht werden, um die Dünndarmschädigung nachweisen zu können. Die einzige derzeit verfügbare Behandlung der Zöliakie ist das Weglassen der krankmachenden Substanz, also eine lebenslange streng glutenfreie Ernährung. Mit dieser Diät sollte erst dann begonnen werden, wenn die Diagnose der Zöliakie gesichert ist.

Es gibt Menschen, die weder eine Zöliakie noch eine Weizenallergie haben, aber trotzdem Beschwerden entwickeln, wenn Sie glutenhaltige Speisen essen.  Dies wird als Glutensensitivität (im Englischen: „Non Coeliac Gluten Sensitivity“ abgekürzt als  „NCGS“) bezeichnet. Die Beschwerden beim NCGS sind mannigfaltig und reichen von Magen-Darm Beschwerden wie  Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall bis hin zu Müdigkeit, Kopf- , Muskel-, oder Gelenksschmerzen, Taubheitsgefühl, Hautausschlag, Depression und Angst. Um  das Krankheitsbild des NCGS gibt es viele Kontroversen.
Weizen enthält neben Gluten eine Reihe von anderen Eiweißen, zB alpha-Amylase/Trypsin Inhibitoren (ATIs). Diese ATIs könnten ebenfalls für Beschwerden beim NCGS verantwortlich sein. 

Weizen und Roggenprodukte haben außerdem oft einen hohen Gehalt an sogenannten FODMAPs (Fermentierbare Oligo-, Di-, und Monosaccharide und Polyole), zB in Form von Fruktanen. FODMAPs sind eine Gruppe von Kohlenhydraten, die unter anderem auch in Laktose (Milchzucker), Fruktose (Fruchtzucker), aber auch in  Sorbit und Mannit (zB künstliche Süßstoffe) vorhanden sind. Getreideprodukte mit niedrigem FODMAP Gehalt sind meistens auch glutenfrei (zB auf Reis- oder Mais - Basis).

Es gibt daher eine große Überlappung des NCGS mit dem sogenannten „Reiz-Darm-Syndrom“ (RDS). Das RDS ist eine sehr häufige Erkrankung, die bis zu 15% der Bevölkerung betrifft und  bei der trotz chronischer Magen-Darm Beschwerden keine organische Ursache gefunden werden kann. Eine FODMAP-arme Ernährung führt nachweislich bei bis zu 74% der Menschen mit RDS zu einer Besserung der Beschwerden.

Um die Diagnose einer NCGS zu stellen sind somit mehrere Schritte erforderlich: Erstens müssen eine Zöliakie und Weizenallergie definitiv ausgeschlossen werden. Zweitens müssen FODMAPs als  Auslöser von Beschwerden ausgeschlossen werden. Drittens sollte beim NCGS  das Weglassen von Gluten innerhalb von Stunden oder Tagen zur Besserung und die Wiedereinnahme von Gluten zu Wiederauftreten der Beschwerden führen.

In Ländern mit höherem Verzehr von Krustentieren, wie Skandinavien, Portugal und Spanien, ist diese Allergie eine der häufigsten Nahrungsmittelallergien. Bei einer Allergie gegen Krustentiere, werden meistens IgE-Antikörper gegen bestimmte Krustentiere, wie Shrimp, Hummer oder Krabben, gebildet. Das Hauptallergen in Krustentieren ist das Eiweiß Tropomyosin. Dieses Allergen ist hitzestabil, allerdings kann es durch Kochen verändert werden und in manchen Fällen sogar eine stärkere Reaktion hervorrufen, als im rohen Zustand.  Tropomyosin zeigt eine große Homologie zwischen Kustentieren (bis zu 98%), daher reagieren Shrimp-AllergikerInnen oft auch auf andere Krustentiere.
Eine potentiel neue Klasse von Krustentier-Allergenen sind Arginin-Kinasen, die bisher in zwei verschiedenen Garnelen (Litopenaeus vannamei und Penaeus monodon)  identifiziert wurden und mit den Abkürzungen Lit v2 und Pen m2 bezeichnet wurden.

Symptome einer Krustentier-Allergie können von milden Hautreaktionen bis hin zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schockreaktionen reichen. Gerade bei Krustentieren ist aber zu beachten, dass oft eine Lebensmittelvergiftung mit einer Allergie verwechselt wird! Daher ist, neben den Symptomen unbedingt ein postitiver Prick-Test notwendig, um eine Allergie zu diagnostizieren. Ist man tatsächlich allergisch gegen Krustentiere, ist die derzeitig einzige Therapie das Meiden von Krustentieren.

Lupinen werden in mediterranen Ländern und Australien als Vorspeise und Snacks verzehrt. Allerdings kommen Lupinen in Form von Mehl bei der Produktion von Brot, Keksen, Teigwaren und anderen Backprodukten sowie als Soja-Ersatz zum Einsatz, was vielen Menschen nicht bewusst ist. Aufgrund mangelnder Kennzeichnung war bisher unklar, in welchen Produkten Lupinen-Mehl verwendet wird. Daher wurde im Rahmen der neuen EU-Vorschrift zur Nahrungsmittelkennzeichnung festgelegt, dass Lebensmittel, die Lupinen enthalten, diesbezüglich gekennzeichnet werden müssen.

Die Kuhmilchallergie betrifft vor allem junge Kinder und wird seltener bei älteren Kinder beobachtet, da bei dieser Allergie eine Toleranz entwickelt werden kann. Sie ist eine der häufigen Allergien bei Kindern in der westlichen Welt und betrifft ca. 2-7,5% der Formula-gefütterten Kinder unter einem Jahr.

Bei der Kuhmilchallergie handelt es sich entweder um eine IgE-vermittelte Allergie, bei der Reaktionen sehr schnell eintreten, oder um eine nicht-IgE-vermittelte Allergie, bei der es zu der sogenannten verzögerten Reaktion kommt. Bei der verzögerten Reaktion sind die Symptome oft nicht klar einer Allergie zuzuordnen und es besteht zeitlich kein offensichtlicher Zusammenhang mit dem Milchkonsum. Außerdem gibt es keine klinischen Tests, um diese Allergie zu bestätigen, weshalb diese Art der Allergie sehr schwer diagnostizierbar ist.

Die Hauptallergene in der Milch sind Caseine, β-Lactoglobuline und α-Lactalbumin. Weniger häufige Allergene sind Serumalbumin und Immunoglobuline wie z.B. Glycoproteine. In einer klinischen Studie konnte gezeigt werden, dass Homogenisierung von Kuhmilch keinen Einfluss auf die Allergenität der Milch hat. β-Lactoglobuline, α-Lactalbumin, Serumalbumin und Immunoglobuline sind hitzelabil, wobei Caseine hitzestabil sind, weshalb das Erhitzen von Milch nur teilweise die Allergenität reduzieren kann.

Die einzige Möglichkeit der Therapie ist das Meiden von Kuhmilch. Da Milchkonsum gerade bei Kindern sehr wichtig ist, muss eine Milch-Allergie immer von einem Arzt bestätigt werden, bevor man die Milch aus dem Speiseplan streicht. Ist eine Milchallergie diagnostiziert, muß eine geeignete Alternative gefunden werden, um Mangelerscheinungen durch das Weglassen von Kuhmilch entgegenzuwirken.

Zu den Schalenfrüchten zählen Mandeln, Haselnüsse, Walnüsse, Cashewnüsse, Pekannüsse, Paranüsse, Pistazien, Macadamianüsse, aber NICHT Erdnüsse, die biologisch nicht zu den Schalenfrüchten oder echten Nüssen gehören, sondern zu den Hülsenfrüchten (wie z.B. die Erbse) und deshalb separat angeführt sind. 

Schalenfrüchte sind eine äußerst wichtige Quelle für ungesättigte Fettsäuren und deshalb in unserer Ernährung essentiell. Allerdings können einige schwere Nahrungsmittelallergien auslösen. Derzeit sind 32 Allergene von Schalenfrüchten bekannt, die sehr stabil gegenüber Abbau in der Verarbeitung (z.B. Erhitzen, Rösten) sind. Allerdings muss man auch hier zwischen Kreuzallergien, ausgelöst durch Pollensensibilisierung und einer echten Nahrungsmittelallergie unterscheiden, die meist auch unterschiedlich in der Schwere der Beschwerden sind.

Bis heute gibt es keine Immuntherapie gegen Schalenfrüchte. Derzeit wird an künstlich hergestellten Allergenen von Schalenfrüchten geforscht, die bei Haut-Testungen und IgE-Bestimmungen eingesetzt werden können, um herauszufinden, gegen welche Allergene eine allergische Reaktion entwickelt wird.

Schwefeldioxid und Sulfite werden oft als Konservierungsmittel und als Antioxidantien u.a. bei Trockenfrüchten, Saucen, Sauerkraut, eingelegtem Gemüse, Marmeladen, Keksen, Brot und Pizzateig verwendet. Aber auch bei der Getränkeherstellung, wie z.B. Bier, Wein, Fruchtsäften und Soft Drinks und bei der Medikamentenherstellung von z.B. Corticosteroids, Adrenaline, Narkosemitteln werden diese Stoffe eingesetzt.

Es gibt nur sehr wenige klinische Daten, die den Zusammenhang zwischen Schwefeldioxid und Sulfite und Nahrungsmittelallergien zeigen. Allerdings wurden oft schwere, lebensbedrohliche Reaktionen auf Schwefeldioxid und Sulfite beschrieben. Daher ist es ratsam bei Verdacht und Symptomen auf den Genuss der oben erwähnten Nahrungsmittel unbedingt einen Arzt zur Abklärung zu konsultieren.

In Zentraleuropa gehört Sellerie zu den wichtigsten Allergenen aus pflanzlicher Nahrung in Erwachsenen und kann milde, orale Symptome bis zu lebensbedrohliche anaphylaktische Reaktionen auslösen. Bis heute sind drei wichtige Allergene identifiziert: Api g1, Api g4 und Api g5. Fast 59% der Sellerieallergiker:innen reagieren auf Api g1 und 23-41% auf Api g 4.
Allerdings kommt Sellerieallergie meist als Kreuzallergie bei Birkenpollen- und/oder Beifuβallergiker:innen und sehr selten als richtige Nahrungsmittelallergie vor.

Die Senfallergie ist wahrscheinlich die häufigste Allergie gegen Gewürze. Obwohl die Wahrscheinlichkeit, eine Senf-Allergie zu bekommen, sehr niedrig ist, sind die Reaktionen oft sehr stark. Meistens tritt die Senf-Allergie als Kreuzallergie oder  als zusätzliche Allergie, sehr selten als einzige Allergie auf.
Die meisten bekannten Allergene des Senfs sind hitzestabil und verdauungsstabil, werden daher bei der Senfproduktion nicht zerstört. Diese können starke Reaktionen hervorrufen.

In Sesamsamen sind derzeit 7 Allergene (Ses i1-Ses i7), in Sesamöl 3 Allergene (Sesamol, Sesamin, Sesamolin) identifiziert. Reaktionen reichen von Hautreaktionen bis hin zu anaphylaktischen Reaktionen, die sogar relativ häufig auftreten. Bei bestehender Allergie entwickelt sich eine Toleranz nur selten, in ca. 20-30% der Sesam-Allergiker:innen.

Die einzige Therapie ist wie bei allen Formen der Nahrungsmittelallergie das Meiden von Sesam und Produkten, in denen Sesam enthalten ist. Die Verordnung, dass Produkte, die Sesam enthalten, gekennzeichnet werden müssen, ist für viele Sesam-Allergiker:innen sehr hilfreich, da Sesamsamen oft versteckt in Brot oder Gebäck vorkommen.

Sojabohnen enthalten ca. 37% Eiweißstoffe, von denen acht als Allergene eingestuft worden sind (Gly m1 bis Gly m8). Die Hautpallergene sind β-conglycinin (Gly m5) und Glycinin (Gly m6), die schwere allergische Reaktionen auslösen können und 70% des Gesamteiweißes ausmachen. 

Andere potenzielle Sojabohnen-Allergene sind in der Literatur beschrieben, wie z.B. eine Thiol-Protease (Gly m Bd30k oder P34), das möglicherweise bei bis zu 50% der Sojabohnen-AllergikerInnen der Grund der Allergie sein könnte. Wird eine Allergie gegen Sojabohnen diagnostiziert, müssen Produkte, in denen jegliche Art von Soja enthalten sind, unbedingt gemieden werden.

Unter Weichtieren fasst man Muscheln, Kraken, Austern, Tintenfisch und auch Schnecken zusammen. Weichtiere aus dem Meer werden zusammen mit den Krustentiere als Meeresfrüchte bezeichnet. Eine Weichtier-Allergie ist sehr selten. Symptome können von Ausschlägen bis zu lebensbedrohlichen Reaktionen reichen. In der Literatur werden Weichtier-Allergien meist zusammen mit Krustentier-Allergien unter Meeresfrüchte-Allergien beschrieben. Daher verweisen wir hier für nähere Informationen auf die Rubrik "Krustentiere".

Die Symptome einer Nahrungsmittelallergie können ganz unterschiedlich ausfallen und von Person zu Person stark variieren.

Mundbereich

  • Schleimhautschwellungen
  • Schwellung der Zunge
  • Jucken
  • Kribbeln
  • Brennen


Magen-Darm-Trakt

  • Blähungen
  • Schmerzen
  • Durchfall
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Entzündungen, auch chronische wie Gastritis und Kolitis


Haut

  • Ausschlag
  • Rötung
  • Juckreiz


Atemwege

  • Husten
  • Atemnot
  • Asthma


Der anaphylaktische Schock ist die Maximalreaktion und stellt eine schwere, lebensbedrohliche Überempfindlichkeitsreaktion dar, bei der es zum Kreislaufversagen kommen kann.

Bei der Diagnose einer Nahrungsmittelallergie nimmt die Krankengeschichte eine ganz wichtige Rolle ein. Neben dem Erfragen der Beschwerden bei Kontakt mit bestimmten Nahrungsmitteln muss zur Diagnose ein positiver Hauttest, IgE Nachweis im Blut im Labortest und/oder ein positiver oraler Provokationstest vorliegen.

Eine Nahrungsmittelallergie kann nur von einer Ärztin/ einem Arzt diagnostiziert werden!

Anamnese

Vermutet der/die Patient:in eine Nahrungsmittelallergie aufgrund von Beschwerden bei Kontakt mit Nahrungsmitteln, wird der:die Ärzt:in eine detaillierte Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) durchführen. Bereits der zeitliche Zusammenhang zwischen Nahrungsaufnahme und Beschwerden und die Ausprägung der Symptome geben erste Hinweise darauf, ob eine IgE-vermittelte Allergie vorliegen kann. Nur wenn der:die Ärzt:in eine Allergie vermutet, wird eine weitere Abklärung über Hauttest und Labortest durchgeführt.

Hauttest

Meistens wird bei der Hauttestung ein sogenannter Prick-Test durchgeführt. Dabei werden bestimmte Nahrungsmittel-Extrakte auf die Haut aufgetragen und die Haut dann leicht angeritzt. Bei einer allergischen Reaktion kommt es dabei zu Rötungen, Juckreiz und Quaddelbildung an der Stelle, wo der Nahrungsmittelextrakt aufgetragen wurde. Alternativ kann auch ein Prick-to-Prick Test durchgeführt werden. Hier wird ein kleines Stück eines Nahrungsmittels, das vermutlich allergische Beschwerden auslöst, auf die Haut aufgelegt und mit einer kleinen Spitze (Lanzette) sowohl durch das Nahrungsmittel durchgestochen, wie auch die Haut ganz leicht angeritzt. Bei einer positiven Reaktion bildet man auch bei dieser Testung Rötung, Juckreiz und eine Quaddel. Der Schweregrad der Reaktion spiegelt aber nicht notwendigerweise den Schweregrad der Erkrankung wieder. Dieser Test erlaubt eine Aussage über eine Sensibilisierung, jedoch nicht, ob eine Nahrungsmittelallergie tatsächlich besteht!
Vorsicht: diese Tests können nur von einem:r Ärzt:in durchgeführt werden!

Labortest

In spezialisierten Diagnoselabors wird eine sogenannte IgE-Bestimmung im Blut durchgeführt. Dabei wird untersucht, ob erhöhte Mengen von IgE-Antikörpern im Blut vorhanden sind und gegen welche Nahrungsmittelbestandteile diese gerichtet sind. Achtung: Dieser Test erlaubt eine Aussage über vorhandene IgE-Spiegel also über eine Sensibilisierung, jedoch nicht, ob eine Nahrungsmittelallergie tatsächlich besteht! 

Achtung: Die Bestimmung von IgG-Antikörpern im Blut eignet sich NICHT zur Diagnose einer Nahrungsmittelallergie. IgG-Antikörper sind kein Indikator für eine Allergie, sondern werden vom körpereigenen Abwehrsystem beim ganz normalen Kontakt mit Nahrungsmitteln gebildet. Dies findet auch beim Gesunden an der Darmschleimhaut statt. Ein aktueller Artikel beschreibt die Problematik dieser Testung.

Oraler Provokationstest

Der orale Provokationstest ist die einzige Möglichkeit zur sicheren Diagnose einer Nahrungsmittelallergie. Oft wird diese Testung verwendet um festzustellen,  ab welchen Mengen eine allergische Reaktion auftritt. Dies kann von Patient:in zu Patient:in unterschiedlich sein. Dieser Test wird aufgrund der möglichen allergischen Reaktionen nur in spezialisierten Kliniken und unter ständiger ärztlicher Aufsicht durchgeführt. Beginnend mit sehr geringen Mengen des fraglich allergie-auslösenden Nahrungsmittels (positiv getestet im Hauttest und/oder Labortest) wird die verabreichte Menge nach bestimmten Zeitabständen erhöht, bis es bei einer Allergie zu einer Reaktion kommt. Meistens wird die Provokation doppelt-blind durchgeführt, d.h. weder Ärzt:in noch Patient:in hat die Information, ob das fraglich allergie-auslösende Nahrungsmittel verabreicht wird oder nicht. Nur dadurch kann eine eindeutige Reaktion festgestellt werden.

Unter Toleranz versteht man, dass unser körpereigenes Abwehrsystem bestimmte körperfremde Stoffe duldet. Diese geduldeten Stoffe sind beispielsweise alle frischen Nahrungsmittel, die wir zu uns nehmen. Unser Immunsystem lernt, dass dies ungefährliche Stoffe sind, die wir akzeptieren können.

Bei einer Nahrungsmittelallergie erkennt das Immunsystem bestimmte Nahrungsmittelbestandteile als „fremd“ und stuft diese als „gefährlich“ ein.
Dadurch kommt es zur allergischen Reaktion.

Als Sensibilisierung wird der Vorgang bezeichnet, der durch die Bildung von IgE-Antikörper zur Entwicklung einer Allergie führen kann. 

Derzeit gibt es keine ursächliche Therapie gegen Nahrungsmittelallergien!

Nach Diagnose einer Nahrungsmittelallergie ist das Meiden des Allergie auslösenden Nahrungsmittels die derzeit einzig mögliche Behandlungsmaßnahme. Alle anderen Therapieformen befinden sich noch in Studien und werden daher nur an spezialisierten Kliniken angewandt.

Allerdings gibt es gerade in Schwangerschaft, Stillzeit und bei Einführung der Beikost die Möglichkeit Allergie vorbeugende Maßnahmen zu beachten, die dazu beitragen, dass die Wahrscheinlichkeit im späteren Leben eine Allergie zu entwickeln verringert wird:

  • Rauchen und Alkoholkonsum vermeiden: in Schwangerschaft, Stillzeit und Kindheit
  • Ausschließliches Stillen bis zum vollendeten 4. Lebensmonat
  • Beikost einführen: je nach Entwicklung und Interesse des Kindes zwischen Beginn des 5. Lebensmonats und bis spätestens Ende 6. Lebensmonat
  • Keine allergenarme Diät: während Schwangerschaft, Stillzeit oder im Säuglingsalter, auch nicht für Risikokinder*( außer bei bestehender Allergie von Mutter oder Kind)
  • Hypoallergene Formula-Nahrung: nur für Risikokinder*, die nicht gestillt werden
  • Übergewicht vermeiden
  • Kaiserschnittgeburt: nur wenn medizinisch notwendig
  • Multivitaminpräparate für das Kind: in den ersten 6 Lebensmonaten nur wenn medizinisch notwendig
  • Antibiotika und Magensäure hemmende Medikamente: nur wenn medizinisch notwendig
  • Probiotikaeinnahme in Schwangerschaft, Stillzeit und Kindheit bei hohem Allergierisiko
  • Impfungen: laut Empfehlung des Impfplans


*Risikokind: mindestens ein Elternteil und/oder ein Geschwisterkind hat eine Allergie

Eine aktuelle klinische Studie konnte zeigen, dass die frühe Einführung von Erdnüssen in Form von Brei zwischen 4-11 Monaten das Risiko einer Erdnußallergie stark verringert.

Derzeit leiden weltweit ca. 4% der Bevölkerung bzw. 220-250 Millionen Menschen an einer Nahrungsmittelallergie. Allein in Österreich sind derzeit laut österreichischem Allergiebericht 2006 4,9% der Bevölkerung gegen bestimmte Lebensmittel allergisch.

Kinder leiden weitaus häufiger an Nahrungsmittelallergien als Erwachsene. Im Rahmen des österreichischen Allergieberichtes wurde erhoben, dass Nahrungsmittel bis zum 4. Lebensjahr zu den häufigsten Ursachen einer allergischen Erkrankung gehören. In Europa hat 1 von 20 Kindern eine oder mehrere Nahrungsmittelallergien.

Die Anzahl von Patient:innen mit Nahrungsmittelallergien, aber auch der Schweregrad der Krankheit scheint weltweit kontinuierlich anzusteigen. Im vergangenen Jahrzehnt hat sich die Anzahl der Nahrungsmittelallergiker:innen verdoppelt und die Anzahl der Krankenhausüberweisungen infolge von schweren allergischen Reaktionen hat sich um das 7-fache gesteigert.